GEDENKEN AN MUTIGE MENSCHEN – Dragqueens, transsexuelle Latinas und Schwarze

Stonewall-Proteste vor 50 Jahren - Geburtsstunde der LGBT-Bewegung

5o Jahre ist es nun her – die Geburtsstunde der LGBT-Bewegung … und mir war gar nicht bewusst welche Gruppen damals erstmals maßgeblich für die Rechte von Schwulen und Lesben eingetreten  sind: Dragqueens, transsexuelle Latinas und Schwarze.

 

Vorneweg zwei non-binären trans Frauen

Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson.

 

Aber alles der Reihe nach:

In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand in der Bar Stonewall Inn der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit trans- und homosexuellem Zielpublikum. Besonders betroffen von Misshandlungen und Willkür waren Afroamerikaner und solche mit lateinamerikanischer Herkunft. Als sich an diesem Abend insbesondere Dragqueens und transsexuelle Latinas und Schwarze gegen die wiederkehrenden Kontrollen wehrten, war dies der Auslöser für tagelange Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei. Um des ersten Jahrestages des Aufstands zu gedenken, wurde das Christopher Street Liberation Day Committee gegründet. Seitdem wird in New York am letzten Samstag des Juni, dem Christopher Street Liberation Day, mit einem Straßenumzug an dieses Ereignis erinnert. Daraus ist eine internationale Tradition geworden, im Sommer eine Demonstration für die Rechte von Schwulen und Lesben abzuhalten.

Viele Dragqueens sehen in ihrem Auftreten ein sozialpolitisches Statement. Somit sind viele Dragqueens der Vergangenheit und Gegenwart nicht nur schrille Diskoqueens, sondern fungieren als Galionsfigur in der Homosexuellenbewegung.  

 

Eine Dragqueen ist ein Mann, der in künstlerischer oder humoristischer Absicht durch Aussehen und Verhalten eine Frau darstellt.

Eine Dragqueen unterscheidet sich von einem Travestie-Künstler in der Hinsicht, dass dieser in verschiedene Frauenrollen schlüpft und auch prominente Frauen imitiert oder parodiert, während die Dragqueen eine feste Rolle mit eigenem „Drag-Namen“ hat. Dabei sind die Übergänge fließend, und es gibt auch Kombinationen. In beiden Fällen stellt ein Mann zeitweise eine Frau dar, empfindet sich aber weiterhin als Mann. Damit unterscheiden sich Dragqueens und Travestie-Künstler von Personen, deren psychologische Geschlechtsidentität nicht mit dem biologischen Geschlecht übereinstimmt (Quelle: Wikipedia)

 

Aber zurück zu den damaligen Ereignissen. Viele, die an diesem Morgen Widerstand leisteten, waren Afroamerikaner_ innen und People of Color, unter ihnen die beiden non-binären trans Frauen Sylvia Rivera und Marsha P. Johnson. Die Details, wie genau der Aufstand entflammte, sind uneinheitlich überliefert. Eine Quelle behauptet, die 17-jährige Sylvia Rivera habe eine Flasche nach einem Polizisten geworfen, nachdem sie von dessen Schlagstock getroffen worden sei.  Andere wiederum sagen, es sei Marsha P. Johnson gewesen, die den ersten Stein geworfen habe. Fakt ist, dass eine Person begann, sich gegen die Gewalt zur Wehr zu setzen, und dass sich daraufhin Umstehende solidarisierten, bis eine ganze Bar und eine ganze Strasse angesteckt wurden. Während dieser Nacht griff sich die Polizei zahlreiche «zu weiblich aussehende» Männer und misshandelte sie, es gab 13 Festnahmen, und vier Polizisten wurden verletzt. In den darauffolgenden Jahren kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen.

An der New Yorker Pride-Parade im Jahr 1973 z. B. hielt Rivera auf dem Washington Square eine Rede, in der sie anklagte, dass Schwule und Lesben zu wenig Solidarität mit trans Menschen zeigten. Während ihrer Rede verteilten Mitglieder der Gruppe Lesbian Feminist Liberation Flyer, die Drag Queens als frauenfeindlich darstellten. Rivera wie Marsha P. Johnson (1945-1992) waren widerstandserprobte Aktivistinnen. Marsha, als schwarze trans Frau fiel nicht nur auf, sondern war auch immer an vorderster Front aktiv, egal ob sie nun beim Stonewall Inn den ersten Stein geworfen hat oder nicht.

Sie passte ihren amtlichen Namen von Malcolm Michaels erst auf «Black Marsha» und später auf Marsha P. Johnson an. Oft trug sie exzentrische Kleidung und Hüte, manchmal nahm sie jedoch weiterhin ihre männliche Identität Malcolm Michaels an. 1970 gründeten sie und Sylvia Rivera gemeinsam die Aktivist_innengruppe Street Transvestite Action Revolutionaries (STAR), um obdachlose trans Menschen und Drag Queens zu unterstützen. Mit dem Geld, das sie als Strassenprostituierte verdienten, mieteten sie ein Apartment und öffnete die Türen für obdachlose queere Jugendliche. Johnson wurde auch Aktivistin in der Gay Liberation Front. In ihren letzten Lebensjahren engagierte sie sich mit Act Up in der Bewusstseinsbildung zu AIDS. Als Prostituierte wurde sie zudem nach eigenen Angaben hundert Male verhaftet und 1990 sogar angeschossen.

 

Rivera und Johnson lebten beide die letzten Jahre ihres Lebens mehrheitlich obdachlos. Johnson wurde am 6. Juli 1992 tot im Hudson River gefunden. Die Polizei ging von einem Suizid aus – doch nachdem Freund_innen und Bekannte lautstark ihre Zweifel daran äusserten, wurde der Fall 2002 erneut aufgerollt und die Todesursache als «ungeklärt» deklariert. Unbestritten ist, dass sie ein kurzes aber bemerkenswertes Leben geführt hat. Als mehrfach diskriminierter und polarisierender Mensch engagierte sie sich beharrlich gegen Gewalt und Isolation, auch wenn sie selbst in ihren letzten Jahren gesundheitlich angeschlagen war.

 

 

GEDENKEN AN MUTIGE MENSCHEN