Ich habe eine vage Idee und beginne, das Motiv wächst

während des

Malens. 

 

 

Andrea Hofmann


Michael:  Wo bzw. wie finden Sie die Motive für Ihre Arbeiten?

 

Andrea:  Die Motivation erzeugt und bestimmt das Motiv.  Eine Pflanze, ein Tier wird so lange betrachtet und bestaunt, bis ich in einen Aspekt oder in das Wesen verliebt bin.   Ich fotografiere mögliche Motive beim Wandern in der Rhön, in unserem Garten, im Naturkundeteil des Wiesbadener Museums. Ich zerreiße langsam Bilder mit denen ich nicht gänzlich zufrieden bin in große, kleine und kleinste amorphe Formen, die in sich stimmig sind. Daraus werden minimalistische Collagen, ‚Die schöne Zyklopin‘, der ‚Erdbeermund Engel‘, neue Motive entstehen. Ich habe eine vage Idee und beginne, das Motiv wächst während des Malens. Im Laufe des Arbeitens erlischt der Anlass, Form und Farbe werden zum Inhalt!

 

Michael:  Vielleicht soll man nicht nur fragen: was ist gute Kunst? sondern: was ist Kunst?

 

Andrea:  „Ein Kunstwerk ist ein Geheimnis, höher als unser Verstand. Jeder versteht Kunst wie er es geistig verdient.“ Alexej Jawlensky  „Wenn ich wüsste was Kunst ist, würde ich es niemand verraten“. Pablo Picasso

 

Michael:  Was macht man, wenn man Kunst macht?

 

Andrea:  Es fällt mir leichter zu sagen was man dann nicht macht:  Man macht keinen Gebrauchsgegenstand, keinen Bedarfsartikel.  Das ist eine Qualität von Kunst, sie ist spirituell.

 

Michael:  Muss man also klug sein, um gute Kunst zu machen?

 

Andrea:  Ein kleines Kind kann frei und unverbildet großartige, verblüffende und eigensinnige Figuren spannend ins Blatt setzen. Ein gebildeter Erwachsener muss sich Freiheiten erarbeiten.  Klug zu sein, besser der Versuch klug zu handeln um Gutes zu machen ist immer und überall von Nöten. Ich versuche beim Malen mutig zu sein, naheliegendes zu vermeiden; klug ist eher das Zaudern und Abwägen, der Respekt vor der Empfindlichkeit des Bildes.

 

Michael:  Gute Kunst erkennt man und da entsteht so etwas wie Freude. Wie ist es beim Kunstmachen? Macht Kunstmachen glücklich?

 

Andrea:  Glücklich macht mich, dass ich Zeit für und Zugang zur Malerei habe. Das Malen bereichert mich während ich es tue und bereichert meinen Blick auf die Welt. Glücklich und aufgeregt macht mich der erste Pinselstrich, das Mischen der Farben,  der magische Augenblick, wenn ein ‚Bild kommt‘. Glücklich macht mich die Sehnsucht gut zu malen.

 

Michael:  Wenn ich ihr Bild „Gesicht“ anschaue (oder auch andere Darstellung von Menschen und Tieren)  sehe ich viel Ausdruck: Stärke aber auch Zerbrechlichkeit. Die Augen sind oft dunkel bzw. schwarz. Am Anfang haben Sie gesagt, dass im Arbeiten der Anlass erlischt. Form und Farbe werden wichtiger.  Ist das letztendlich auch bei den figürlichen Darstellungen so – oder passiert da mehr?

 

Andrea:  Das ist eine gute Frage, tatsächlich gibt es da einen Unterschied. Die Figuren sind für mich keine Symbole, stehen nicht für etwas Anderes. Sie müssen als Wesen lebendig werden, ob Blumen, Tiere oder Menschen.  Dunkle, schwarze Augen schauen nicht ‚nur‘ zum Betrachter, zum Gegenüber oder in die Welt sondern auch nach Innen, Selbstbespiegelung.  Einer Blume, Pflanze würde ich jedoch bei aller Naturverbundenheit Augen und Selbstbeobachtung absprechen.

 

Michael:  Sind Sie manchmal unsicher in Ihrer Kunst?

 

Andrea:  Oh ja, immer wieder. Während des Malens, nach den glücklichen intuitiven Phasen, vor dem Treffen von Entscheidungen über den nächsten Schritt. Wenn mehrere Bilder in Folge nicht gelingen, fürchte ich, dass nie mehr eines gelingt. Das scheint mir der Preis für die große Freiheit zu sein ständig neu und alleine zu ‚bestimmen‘ was zu tun ist.  Ob letztendlich ‚das Bild kommt‘, ein Bild erscheint, liegt nicht nur in meiner Hand.

 

 

Michael:  Vielen Dank für das interessante Gespräch und das du uns einen kleinen Einblick in deine Kunstwelt gewährt hast. 

 

Interview mit Andrea Hofmann vom 25.07.2018. Das Gespräch führte Michael Klotzki